Alma Hoppes Lustspielhaus (Eppendorf)

Nicht alle können lachen

Das Kabarettstück "Chinesen zum Frühstück" sorgt für Protest

Erstellt am 24.02.2012, zuletzt geändert am 12.12.2013 | hamburg multidimensional

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Benutzer:Staro1

Die Plakate hingen an fast jeder U-Bahn-Station: Das Alma Hoppe Lustspielhaus warb für das Kabarettstück “Chinesen zum Frühstück – Plagiatsicherer Humorexport bis zum Abwinken”.1 Die Hamburger Gruppe KARaNo kritisiert, dass das Plakat und das Stück rassistische Bilder (re)produziert und kommuniziert. Auf ihrer Website2 dokumentiert sie einen öffentlich geführten Schriftwechsel zwischen einer Privatperson und dem Alma Hoppe Lustspielhaus.

In dem Stück versuchen Nils Loenicker und Jan-Peter Petersen das politische Weltgeschehen vor allem im Hinblick auf wirtschaftliche Themen zu parodieren. Dazu dient ihnen unter anderem ein Auftritt der “Chinesen zum Frühstück”. Für eben jene Gäste wird die restliche Belegung des Hotels ausquartiert, das Spielort des Stückes ist. Die Darsteller mimen selbst die chinesischen Gäste und stehen dafür in der Kritik, dies mit rassistischen Stereotypen getan zu haben.

Ende November wendete sich eine namentlich nicht bekannte Person mit ihrer Kritik an das Alma Hoppe Lustspielhaus und entflammte eine Diskussion über Rassismus und Kabarett. Hier ein Auszug des Briefes:

“Sehr geehrte Damen und Herren, ihre Plakate ‘Chinesen zum Frühstück’ von Alma Hoppes sind extrem beleidigend!! Es ist einfach herabwürdigend wie Sie dort versuchen südostasiatischen’ Menschen nachzumachen. Wollen Sie etwa mit diesem Plakat lustig sein? Da stellt sich die Frage auf wessen Kosten hier gelacht werden soll?! (…) Das Mindeste was Sie machen sollten ist, diese abscheulichen Plakate abzuhängen!!”,

Einen Tag später antwortete der Intendant Jan-Peter Petersen, der das Stück mit seinem Kollegen Nils Loenicker spielte. Er sah sich in seiner künstlerischen Freiheit eingeschränkt:

“Bei dem genannten Kabarett-Programm und -Plakat handelt es sich deutlich erkennbar um Satire und Karikaturen. Karikaturen und Satire abzuhängen, verbieten zu wollen, ist ein Reflex, der mich stark an die Handlungsweise der chinesischen Regierung, islamistischer oder diktatorischer Staaten erinnert, gegen die sich unser Programm, insbesondere in der Tibet-Frage, ausdrücklich inhaltlich richtet (was auch dem Trailer mit Ausschnitten zu entnehmen ist). Ihr Engagement in allen Ehren, aber ich kann Ihnen die Aufforderung nicht ersparen, künftig bei der Beurteilung kabarettistischer Programme und Plakate etwas genauer hinzusehen”,

Prompt folgte am 1. Dezember 2011 die Reaktion im Blog auf die Antwort des Alma Hoppe Lustspielhaus:

“Wenn rassistische Diskriminierungen problematisiert werden soll, dann sind diese reflexartigen Beschwichtigungsfloskeln leider kaum überraschend! Ebenso abgedroschen wie typisch ist die Täter-Opfer-Umkehrung, nämlich die Bescheinigung einer gewissen ‘Überempfindlichkeit’ oder eben der Unterstellung von ‘böswilligem Missverstehen’ seitens derjenigen, die darauf hinweisen. Naja und der Hinweis darauf, dass dies doch alles ‘nur’ Satire sei, ändert gar nichts an dem Fakt, dass diese Plakate beleidigend sind!!”

Im Juni 2012 führte das Alma Hoppe Lustspielhaus gegenüber Webmap Hamburg Global an, dass auf dem Plakat auch die selbstherrliche Selbstdarstellung staatlicher Protagonisten, wie etwa von Hú Jintao, Chinas Staatspräsidenten, parodiert worden sei. Ähnliche Fotos gebe es in Archiven auch zu hunderten von Erich Honecker und Leonid Breschnew. Das Alma Hoppe Lustspielhaus weist in einem Schreiben an Webmap Hamburg Global die Kritik von sich:

“Uns als engagiertem Kabarett Rassismus zu unterstellen, empfinden wir als äußerst abwegig. Wir selbst haben uns sehr häufig aktiv an Kampagnen gegen Rassismus beteiligt. Und wer das Programm ‘Chinesen zum Frühstück’ gesehen hat, weiß, dass unser Engagement der Völkerverständigung dient und nicht umgekehrt. Die Auseinandersetzung mit chinesischer Kultur, Politik und Gesellschaft war für uns vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen äußerst interessant.”

Die Gruppe KARaNo – Kritik und Analyse Rassistischer Normalität ist, so die eigene Beschreibung, eine Hamburger Gruppe aus People of Colour und Weißen, die Rassismus in der bundesdeutschen Gesellschaft aufzeigt, analysiert und kritisiert. Auf ihrer Website äußerte sich ebenfalls am 1. Dezember 2011 ein Blogger:

“Danke an KARaNO, dass ihr über diese erbärmliche Posse aus Hamburg berichtet und klar Stellung bezieht. Das Passing von Weißen Schauspieler in die Rolle des ‘rassisch’ anders Konstruierten erinnert mich an die Minstrel-Shows in den USA im 19. Jahrhundert als Weiße sich schwärzten und als Blackfaces auf der Bühne Schwarze zum Zweck der Unterhaltung des Weißen Publikums parodierten.
Nun haben wir Yellowfaces in Hamburg womit das Alma Hoppe Lustspielhaus an eine unsägliche Tradition anknüpft und sich wahrscheinlich nicht mal darüber bewusst ist.
Als Asiatischer Deutscher kann ich sagen, dass ich die Plakate als verletzend und rassistisch empfinde. Daher fordere ich das Alma Hoppe Lustspielhaus dringend dazu auf ihrer kulturellen, politischen und pädagogischen Verantwortung gerecht zu werden und das Stück nicht weiter dem Publikum zuzumuten.”

Der Blogger empfiehlt dem Intendanten Jan-Peter Petersen die Lektüre des Buches Asiatische Deutsche von Kien Nghi Ha. 3

In einem weiteren Brief an das Lustspiel-Haus-Team heißt es:

“Rassismus ist kein Werbegag – und auch kein Thema zur allgemeinen Belustigung weißer Deutscher im Kabarett! Auf youtube sind Ausschnitte von Ihrem Stück ‘Chinesen zum Frühstück’ zu sehen. Mit dieser Nummer reproduzieren Sie rassistische Stereotype die von gewaltvollen Machtverhältnissen zeugen. (…)
So halten sich rassistische Stereotype hartnäckig in unserer Gesellschaft, sie werden nicht hinterfragt sondern weitererzählt mit der stummen Annahme, ‘dass es ja nicht so gemeint sei’. Doch Rassismus hat nichts mit dem guten oder schlechten Willen eines Menschen zu tun, Rassismus ist eine Machtstruktur, die Weißen weiterhin ermöglicht ‘Andere’ zu definieren und zu bennenen wie es ihnen passt. Weißsein wird in Ihrem Stück als Norm dargestellt und alles was davon abweicht ist offensichtlich etwas über das man sich lustig machen kann.
Ich fordere Sie auf, das Stück aus Ihrem Programm zu nehmen und stattdessen mal kabarettistisch die eigene weiße (männliche) Rolle zu hinterfragen. Ich werde allen davon abraten Ihre Veranstaltungen zu besuchen, solange sie weiterhin unhinterfragt rassistische Stereotype reproduzieren, die auch noch lustig sein sollen.”

Laut Alma Hoppe lief das Stück “Chinesen zum Frühstück” in der Spielzeit 2011/2012 und steht aktuell nicht mehr auf dem Spielplan.

1 Alma Hoppe Plakat 1: Chinesen zum Früchstück und Alma Hoppe Plakat 2: Chinesen zum Früchstück

2 www.karano.wordpress.com/tag/china

3 Kien Nghi Ha (Hg.): Asiatische Deutsche. Vietnamesische Diaspora and Beyond. Berlin/Hamburg Assoziation A, 2012

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Nicht alle können lachen

Das Kabarettstück "Chinesen zum Frühstück" sorgt für Protest
Karte: hamburg multidimensional
Autor_in Webmap Hamburg Global
Zuletzt bearbeitet: 12.12.2013
Global Link (Geografischer Bezug): Asien (Global Links Karte zeigen)
Adresse: Alma Hoppes Lustspielhaus , Ludolfstraße 54, Eppendorf, 20249 Hamburg
Koordinaten (Lat/Lon) 53.59264/9.991969

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